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Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen

Viele Steuerbescheide der Finanzämter sind fehlerhaft. Im Zweifelsfall lohnt ein Einspruch. So funktioniert's ➔ azubisteuererklaerung.de

Jeder fünfte Steuerbescheid ist fehlerhaft

Nach einer Untersuchung des Bund der Steuerzahler ist rund jeder fünfte Steuerbescheid fehlerhaft. Wenn angegebene Kosten vom Finanzamt zu Unrecht nicht akzeptiert oder vorgetragene Verluste unbegründet abgelehnt werden, kann dies für Steuerzahler unangenehme Folgen haben. So fällt etwa die Steuererstattung geringer aus oder es werden sogar überhöhte Steuernachzahlungen verlangt. Wer Ungereimtheiten im Steuerbescheid entdeckt, sollte umgehend Einspruch beim Finanzamt einlegen. Rund 80 Prozent aller Einsprüche werden von den Finanzämtern ganz oder wenigstens in Teilen akzeptiert und führen damit zu steuerlichen Vorteilen.

Frist von 30 Tagen für den Einspruch

Wer Fehler in seinem Steuerbescheid findet, hat ab Erhalt des Bescheides 30 Tage Zeit, um beim Finanzamt Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen. In der Regel muss der Einspruch schriftlich und mit Unterschrift eingereicht werden. Sofern auf dem Steuerbescheid eine E-Mail-Adresse des Finanzamts angegeben ist, kann der Einspruch aber auch einfach als E-Mail geschickt werden.

Wenn es aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich war, innerhalb der 30-Tage-Frist Einspruch beim Finanzamt einzulegen, kann die sogenannte “Wiedereinsetzung in den vorigen Stand” beantragt werden. Wenn das Finanzamt den Antrag akzeptiert, wird einfach so verfahren, als ob die Frist gewahrt wurde. Treffende Gründe für eine Fristversäumnis liegen vor, wenn der Steuerbescheid zum Beispiel nicht geprüft werden konnte, weil du verreist warst oder einen längeren Krankenhausaufenthalt hattest.

Wann soll ich Einspruch einlegen?

Damit der Einspruch gegen den Steuerbescheid Aussicht auf Erfolg hat, solltest du nachweisen können, dass du durch den Steuerbescheid in irgendeiner Form benachteiligt wurdest. Im Abschnitt “Erläuterung zur Festsetzung” auf dem Steuerbescheid teilt das Finanzamt relativ genau mit, ob und warum in der Steuererklärung angegebene Ausgaben nicht steuermindernd berücksichtigt wurden. Es lohnt sich, diesen Abschnitt genau durchzulesen, meist finden sich hier entsprechende Begründungen für einen Einspruch.

Gründe für einen Einspruch

Steuererstattung falsch berechnet

Auch Finanzbeamte machen Fehler. Sollte sich das Finanzamt verrechnet haben und Steuererstattung oder Verlustvortrag fallen zu gering aus, wird der Einspruch i.d.R. sofort akzeptiert und der Steuerbescheid entsprechend geändert.

Kosten nicht berücksichtigt

Wenn das Finanzamt deine Ausgaben nicht als Werbungskosten akzeptiert, z.B. weil du in einer Erstausbildung bist, kannst du mit Verweis auf aktuell vor dem BVerfG anhängige Gerichtsverfahren (Aktenzeichen 2 BvL 22-27/14) Einspruch einlegen.

Urteile & Gerichtsverfahren ignoriert

Wenn steuerzahlerfreundliche Urteile oder laufende Gerichtsverfahren nicht vom Finanzamt berücksichtigt wurden, solltest du in deinem Einspruch darauf hinweisen. Meist wird dann der Steuerbescheid geändert oder als vorläufig ausgewiesen.

Du hast Angaben vergessen

Wenn du vergessen hast, steuermindernde Angaben in deine Steuererklärung mit aufzunehmen, kannst du auch Einspruch einlegen. In diesem Fall ist aber der Antrag auf “schlichte Änderung” (s.u.) meist der einfachere Weg.

Was passiert nach dem Einspruch?

Nach Eingang des Einspruchs kontrolliert das Finanzamt nochmal den Steuerbescheid und entscheidet dann, ob der Einspruch zulässig ist.

  • Wird der Einspruch in allen Punkten akzeptiert, erhältst du vom Finanzamt einen korrigierten Steuerbescheid zugeschickt, den sogenannten Abhilfebescheid.

  • Wird der Einspruch nur in Teilen bewilligt, nennt sich dies Teilabhilfe und du bekommst ebenfalls einen korrigierten Steuerbescheid.

  • Wird der Einspruch als unbegründet abgelehnt, erfolgt keine Korrektur des Steuerbescheids. Du kannst in diesem Fall den Steuerbescheid noch gerichtlich anfechten.

Antrag auf schlichte Änderung

Anstatt des Einspruchs kannst du beim Finanzamt auch einen sogenannten Antrag auf “schlichte Änderung” einreichen. Dies empfiehlt sich zum Beispiel, wenn du nachträglich noch Kosten steuerlich geltend machen oder einzelne Angaben in deiner Steuererklärung ändern willst. Wird dem Antrag stattgegeben, werden entsprechende Änderungen in der Steuererklärung vorgenommen und du erhältst einen korrigierten Steuerbescheid.

Hinweis: Wird der Antrag auf schlichte Änderung abgelehnt, kann der Steuerbescheid anders als beim Einspruch nicht mehr gerichtlich angefochten werden. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sowohl den Antrag auf schlichte Änderun als auch Einspruch einreichen. Dann bleibt in jedem Fall die Option, Rechtsmittel einzulegen.

Kann der Einspruch negative Folgen haben?

Wenn ein Einspruch akzeptiert wird, prüft das Finanzamt die Steuererklärung noch einmal Punkt für Punkt. Hierbei könnte der Fall eintreten, dass nun zwar bestimmte Kosten als steuermindernd anerkannt, gleichzeitig aber an anderer Stelle Fehler identifiziert werden, die zur nachträglichen Aberkennung bereits anerkannter Werbungskosten führen.

In diesem eher unwahrscheinlichen Fall spricht man offiziell von einer Verböserung. Das Finanzamt ist verpflichtet, dich über eine Verböserung zu informieren. Du hast dann die Möglichkeit, deinen Einspruch einfach wieder zurückzunehmen. Hierdurch wird der ursprüngliche Steuerbescheid zwar wieder rechtskräftig, aber die Verböserung wird nicht weiter berücksichtigt und du musst keine weiteren Nachteile in Kauf nehmen.

Johannes von azubisteuererklaerung.de
Bevor Einspruch eingelegt wird, empfiehlt es sich, zunächst einmal beim zuständigen Finanzamt anzurufen und über die vermeintlichen Fehler im Steuerbescheid zu sprechen. Meist werden Unklarheiten oder Missverständnisse dadurch schnell beseitigt. Sollte das Finanzamt tatsächlich Fehler gemacht haben, werden diese nach der Kontaktaufnahme i.d.R. schnell und unbürokratisch beseitigt, sodass sich der Einspruch erledigt hat. Johannes von azubisteuererklaerung.de